Während der Plaudereien unter Bootsfreunden am Neujahrstag in den verschneiten Bergen Vorarlberg’s über die Dinge des Lebens im allgemeinen und was wir im Rahmen unseres Hobbys, der Bodensee – Schipperei, so unternehmen könnten, kam das Gespräch auf einen Charter – Törn.
Die Idee wurde in die Tat umgesetzt und so begann in den folgenden Wochen und Monaten die Suche nach einen geeigneten Schiff. Unsere Vorstellungen waren: Motoryacht, Dieselantrieb und so ca. 10 – 12 Meter lang. Also mit ausreichend Platz für 2 Paare. Das Angebot ist groß, jedoch unser Wunschstandort Berlin ließ sich nicht so ohne weiteres realisieren. Aber, nach einiger Zeit war auch das erfüllt.
Wir fanden unser Schiff, eine PEDRO – Sciron 3. Knapp elf Meter, ca.100 PS, Bugstrahlruder und damit man sich nicht auf die Füsse tritt, Doppel-Koje mit WC und Dusche sowohl achtern als auch im Vorschiff.
Kühlschrank, TV, Heizung usw. also alles was man so braucht.
Ausgangspunkt unseres Törns sollte Berlin sein. Die weitere Vertrags-Abwicklung lief dann reibungslos.
Es konnte also los gehen. Als Reisezeit hatten wir die Zwischensaison gewählt und so machten wir uns auf den Weg. Reiseziel war die Übernahme “unseres” Schiffes bei der Firma Yachtcharter Berlin Brandenburg am
Müggelbergalle 1
12557 Berlin – Köpenick
Herr Rainer Löber
Bei schönem, warmen Frühsommerwetter kamen wir so gegen 15 Uhr in unserem Berliner Charter-Ausgangshafen, Wendenschloss bei Köpenick, an.
Das Schiff lag tip top am Steg in der Dahme. Fertig zur Übernahme. Der Übernahme Check verlief reibungslos. Alle vereinbarten Positionen vorhanden, das Schiff voll getankt und, wie gasagt, in einem einwandfreien, sauberen Zustand. Keine Gebrauchsspuren oder Gammelschäden, nichts dergleichen. Voll zufrieden begannen wir mit dem Einräumen. Praktisch, mit unserem Auto konnten wir fast direkt an den Steg fahren, zum Schiff waren es keine 30 Meter zu gehen. Wir hatten zwar nur eine Woche gebucht, aber man glaubt nicht, was so alles benötigt wird. Danach, Auto parken. Direkt am Hafen - kostenfrei.
So, nun Motorprobelauf, Bugstrahlruderfunktion, usw. lauter technische Prüfungen, ist aktuelles Kartenmaterial da, ja, alles ok. Die Reise , bzw. Reiseplanung und mit Informationen von Kennern vor Ort konnte beginnen. Nach der langen Anfahrt und dem Check-in, erst mal im gemütlichen Hafengarten, der auch Platz für Wohnmobile bietet, ein kühles Bier. Im Hafen geblieben, gemütlich an Bord gespeist, die kommenden Tage und deren Routenverlauf nochmals durchgekaut und ab in die Kojen.
Die Reise beginnt. Wir legen ab und nehmen Kurs von unserem Liegeplatz an der Dahme nach Werder an der Havel. Via Teltow Kanal. Diese Wegstrecke bietet eigentlich nichts besonderes, ausser der Schleuse “Klein Machnow”. Handling gut, Schleusenwärter sehr freundlich.
Absenkung ca. 3 Meter. Unsere Fender waren dick genug, um in den schmierigen Spundwänden nicht zu verschwinden. Arbeitshandschuhe sind zu empfehlen. Aber nur wegen der Spundwand – Schmiere. Nicht wegen der Schwierigkeit. Kaiser Wilhelm II hat die Schleuse einst mit seiner Privatyacht eröffnet. Um diese Schleuse herum, zwischen Berlin Zehlendorf und Potsdam-Babelsberg befindet sich eines der berühmtesten Villenviertel von Berlin. Hier wohnten einst Marlende Dietrich, Curd Jürgens Einz Ehrhard und viele mehr.
Nach dem Schleusen, weiter gen Westen. Nach ca. 5 Stunden kommen wir in Werder, Marina “Porta Sophia” an. Diese wurde uns von unserem Vercharterer, Hernn Löber empfohlen. Den Hafenmeister Klaus haben wir ca. 1 Stunde vor Erreichen über Telefon von unserem Ankommen unterrichtet. Problemlos. Platz ist vorhanden.
Bis zu unserem Zielhafen passierten wir Babelsberg und Potsdam. Einfach beeindruckend. Vor Potsdam an Steuerbord die Glienicker Brücke, 30 Jahre lang stand sie für den Austausch von Spionen zwischen Ost und West und für die Übergabe freigekaufter Menschen in Zeiten des kalten Krieges zur Verfügung.
Dann unser 1. Ziel. Hafenmeister Klaus begrüßt uns herzlich. Sind auch bei den anderen Anliegern, Dauermietern und auch Gästen wie wir, herzlich willkommen. Unser Kurt holt am Abend seine “Steirische” aus dem Kasten, spielt die ersten Melodien, Hafenmeister Klaus kommt mit seinem Schifferklavier, die Freunde vom Steg hören die Musik und bald ist unser Platz am Steg das Zentrum und alle Anlieger freuen sich über das herrliche Abend – Hafenkonzert.
Die Insel Werder, Inselstadt im Havelwasser, malerisch erheben sich der fünfspitzige Turm der Kirche “Zum heiligen Geist” und roten Ziegeldächer aus dem Grün der Weiden am Havelwasser. Zwingt uns zum Besuch und auf die Suche nach einem Fischlokal. Restaurant “Arielle” direkt am Wasser, bietet dem Geniesser alles an Fisch, was die Region zu bieten hat. Aber es lohnt sich auch durch die alten, engen Kopfsteinpflaster-Gassen zu streifen. So manche Idylle tut sich auf. Wir beschliessen noch einen Tag zu bleiben. So führt die Strasse “Unter den Linden” von der Insel über eine Brücke, an der früher der Raddampfer”MarieLuise” festgemacht hat, der Berlin mit Obst belieferte. Unter den Linden ist aber noch ein feines Lokal “Marmortreppe”. Ausgezeichnete Küche.
Es geht weiter. Bootsfreunde vor Ort machten uns auf den “Glindower See”
aufmerksam. Dieser liegt unterhalb der Einfahrt zu unserer Marina. Durch eine kleine, schmale Einfahrt kommen wir in einen herrlichen, ruhigen und grossen See. Liegeplätze und auch da eine Marina mit Werft.
Herrlich. Am Ufer die Schornsteine des Ziegelwerkes noch zu besichtigen, dessen Ziegel im 19. Jahrhundert zum Bau von halb Berlin verwendet wurden.
Das Wetter ist von Anfang an schön, wir haben das erste Bad im Jungfernsee genommen. Unsere Route dahin führte uns über – Grosser Zernsee – Havel – Sarow/Paretzer Kanal – Jungfernsee. Zurück nach Potsdam. Anleger beim 1.Potsdamer Anglerverein e.V. gefunden. Klein, aber oho. Unser Hafenmeister Peter Senftleben, gerne genannt “Rasputin”
gewährte uns alle erdenkliche Unterstützung. Wollte uns sogar mit seinem PKW zu unseren gewünschten Zielen befördern. An dieser Stelle sei erwähnt, alle Häfen, die wir besuchten hatten Strom- und Wasser-Anschluss. Kosten dafür jeweils in der Liegegebühr enthalten.
Diese in etwa so wie am Bodensee.
Potsdam, eine Reise wert. Landeshauptstadt von Brandenburg mit historischer Bedeutung. Die Moschee, (Wasserpumpwerk), heute noch in Betrieb, nicht mehr mit Dampf sondern elektrisch.
Die Nikolai-Kirche. Sanssouci mit seinem Park. Vieles mehr. Es lohnt sich hier zu verweilen.
Bei dieser Gelegenheit streifen wir nochmal Babelsberg. Auch hier, Romantik pur. An den Ufern historische Schlösser, Parkanlagen, die Filmstadt – allerdings ist dafür ein extra Ausflug vonnöten – und wunderschöne Uferlandschaften.
Rasputin bye bye, wir müssen weiter. Tiefer See, Griebnitz-See, Griebnitz-Kanal, Kleiner Wannsee und schliesslich der grosse Wannsee.
Was soll ich sagen. War es bisher schon herrlich, was aber jetzt so links und rechts unseres Weges uns in’s Auge fiel, einfach sagenhaft.
Die Uferanlagen, die Villen und Gärten, gepflegte Parks, und alles zum Greifen nahe. Vor allem am kleinen Wannsee, eine Augenweide. Diese Ansichten kann man von Land aus niemals geniessen. Nach all’ den schönen Dingen für den Geist nun für den Körper ein kühles Bad im Wannsee – hinter der Pfaueninsel. Guter Ankergrund und völlig windgeschützt.
Wetter auch hier, sommerlich warm. Am 16. Mai. Nach der Durchquerung des Wannsees fanden wir an dessen Ende eine kleine Bucht mit dem kleinen Hafen Schildhorn im Grunewald. Unser Schiff passte hier gerade mal so zwischen die Dalben. Am Steg stand “Liegeplatz frei”, und wir haben angelegt. Nach einigen Stunden kam der Hafenmeister, kassierte und ging seines Weges. Es läuft alles problemlos. Ebenso unser Schiff. Keine Mucken. Prima.
So, jetzt geht es ab nach Berlin – Zentrum. Via Pichelseekanal in die Spree. Wieder mal eine Schleuse, Charlottenburg. Kein Problem weiter durch Berlin, vorbei an den Sehenswürdigkeiten wie Kanzleramt, Reichstag, Museumsinsel, Mühlendammschleuse, dann war Stop für uns. Wir hatten kein UKW. Kanal 20 muss von Montag bis Freitag stand by sein.
Samstag und Sonntag ist das nicht nötig. Selbst eine telefonische Bitte bei der Schleusenwärterin verhalf uns nicht zur Weiterfahrt. Also zurück auf der Spree zum Landwehrkanal. Beeindruckend schön die Fahrt durch Berlin, 2 kleine Schleusen, teils bedient, teils automatisch. Aber, unser Schiff hatte 3,60 Meter über der Wasserlinie Höhe. Inclusive Verdeck. Dies mussten wir umlegen, weil die Durchfahrtshöhe der nun folgenden Brücken sehr niedrig war. Mit Kopfeinziehen ging es gerade mal so. Aus dem Landwehr – Kanal ging es dann weiter über den Britzer Zweigkanal in die Treptower Spree und die Dahme zum Wendenschloss.
Unterwegs sahen wir noch an Steuerbord einen Netto – Markt mit Anleger !!. Also, beigedreht und unsere Vorräte aufgefüllt. Ist schon toll, wenn man mit dem Einkaufswagen an das Boot fährt und einlädt. Es begann zu Regnen und so entschlossen wir uns, die folgende Nacht im Heimathafen zu verbringen.
Der Folgetag sah Reichstag, mit Bundestagsitzung auf der Besuchertribüne vor. Bei rechtzeitiger Anmeldung gibt es dafür Karten, ohne in der langen Schlange warten zu müssen. So wurden wir Zeitzeugen der Mehrwertsteuer-Erhöhung. Beeindruckend. Den Reichstag erreichten wir von unserem Wendenschloss-Hafen mit der Fähre über die Dahme, S-Bahn Grünau bis Friedrichstrasse und den Rest zu Fuss. Da es stark zu regnen begann, fehlte uns unser Schiff in diesen Stunden nicht. Regen auch während der Nacht.
Der letzte Tag begann freundlich. Die Superflieger zur ILA in Berlin-Schönefeld, die gerade stattfand, über uns. Auch der Airbus A 380 im Tiefflug. Beeindruckend. Aber nun weiter mit dem Schiff. Unsere Route sollte nun nach Osten gehen um auch diese Gewässer zu erkunden. Auch mussten wir unser Schiff vor der Rückgabe wieder volltanken. So verlief unser Weg nun auf der Dahme nach Südosten, vorbei an der Olympia-Ruder-Regattastrecke von 1936 in Grünau, zur einer kleinen Tankstelle. Dann zurück via Grosser Zug, Krossinsee, Oder-Spreekanal, Seddinsee, Gosener Kanal, Deweritzsee, Müggelspree, kleiner Müggelsee, grosser Müggelsee, Spree, Dahme abwärts zu unserem Hafen Wendenschloss.
Diese Fahrt führte uns durch die seit hundert Jahren benutzte Sommerfrische der Berliner. Viele Restaurants mit Anlegern entlang der Ufer, landschaftlich herrliches Gebiet zum Wasserwandern. An dieser Route liegt auch das Urberliner Ausflugslokal “Neu Helgoland”. Ebenfalls mit Anlegemöglichkeit.
Unser Urlaub ging zu Ende. Wir haben viel gesehen, das Schiff vollgetankt und ohne Anstände zurückgegeben. Schade, für Köpenick, dicht bei unserem Hafen, hatten wir leider keine Zeit mehr. Alles in allem, ein Aktiv-Urlaub im wahrsten Sinne des Wortes, viele Eindrücke und viel Gesprächsstoff auch für die Tage am heimischen Bodensee.
Wir freuen uns schon auf den nächsten Törn.
Anmerkung:
1.) An 6 Fahrtagen fuhren wir 25 Betriebs-Stunden und haben 91 Liter Diesel verbraucht. Incl. Heizung. Durchschnitssverbrauch: 3,64 Liter pro Betriebs-Stunde. Zurückgelegter Wasserweg: 235 Km.
2.) Die von uns besuchten Hafenanlagen hatten sämtlichst neben Wasser und Strom am Steg, auch Dusche und WC im Gelände.